Verbesserung Zündanlage XS250/360/400 (OHC-Modelle)
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Hier geht es um die Verbesserung der originalen Kontaktzündung durch technische Änderungen.
Die XS250/360/400 (OHC-Modelle) werden mit einer Kontaktzündung betrieben.
Diese altete aber simple Technik funXSioniert zwar ausreichend, aber leider nicht immer optimal.
Einziger Vorteil dieser veralteten Technik ist der simple Aufbau ohne Elektronik. Theoretisch lässt sich daher die Zündung auch unterwegs mit Bordmitteln relativ einfach reparieren. Wird zumindest immer behauptet...
Später mehr dazu.
Bevor wir uns möglichen Verbesserungen zuwenden macht es Sinn sich mit der Funktionsweise und den Problemen der originalen Zündanlage zu beschäftigen.
Ist der Zündschalter geschlossen und der Unterbrecher geöffnet passiert nichts.
Wird der Unterbrecherkontakt geschlossen fließt Strom durch die rote Spule (Primärspule) und baut ein Magnetfeld auf (Elektromagnet).
Wird der Unterbrecherkontakt geöffnet und damit der Strom unterbrochen bricht das Magnetfeld zusammen und das zusammenbrechende Magnetfeld erzeugt jetzt in der blauen Spule (Sekundärspule) eine Spannung.
Der Trick dabei: Die Zündspule arbeitet wie ein Transformator und erzeugt in der blauen Spule die Hochspannung für den Zündfunken.
Dann wird der Unterbrecher wieder geschlossen und das Spiel beginnt von vorn.
Erstmal ganz simpel, funXSioniert aber noch nicht richtig.
Grund dafür ist der große Strom der durch Spule und Unterbrecher fließen muss um ein ausreichend starkes Magnetfeld zu erzeugen.
Da der Unterbrecher mechanisch bedingt nur relativ langsam geöffnet werden kann wird der große Strom nicht schlagartig unterbrochen sondern fließt als Lichtbogen (Funke) noch eine Zeit weiter und wird langsam schwächer.
Deshalb bricht das Magnetfeld nur langsam zusammen und erzeugt eine geringere Hochspannung und somit einen schwachen Zündfunken.
Zusätzlich wird der Unterbrecherkontakt durch den Funken in kürzester Zeit verbrannt. Hier findet ein Materialübertrag statt wie beim Schweißen.
Abhilfe schafft ein parallel zum Unterbrecher angeschlossener Kondensator der diesen unerwünschten Funken fast vollständig unterdrückt.
funXSioniert jetzt zwar, aber mit deutlichen Nachteilen gegenüber moderneren Zündanlagen.
Positiv:
Sehr einfacher Aufbau und einfach zu reparieren.
Negativ:
1. Es fließt ein großer Strom über den Kontakt und auch der Kondensator kann den Funken nicht völlig unterdrücken. Daher wird der Unterbrecher trotz des Kondensators verbrannt, nur deutlich langsamer. Die Zündung muss also sehr oft geprüft und nachgestellt werden wenn sie optimal funktionieren soll. Bei der XS muss spätestens alle 3000km kontrolliert/nachgestellt werden. Spätestens !
2. Im niedrigen Drehzahlbereich wird der Unterbrecher natürlich auch besonders langsam geöffnet. Das bedeutet geringere Hochspannung und damit schwacher Zündfunke. Gerade beim Start ist das besonders unvorteilhaft. Die Situation lässt sich durch einen möglichst großen Unterbrecherabstand verbessern.
3. Im hohen Drehzahlbereich ist der Unterbrecher nicht sehr lange geschlossen. Es bleibt daher für die Zündspule wenig Zeit um ein starkes Magnetfeld aufzubauen. Das Problem lässt sich durch einen möglichst kleinen Unterbrecherabstand verringern. Der Unterbrecher ist dadurch länger geschlossen und der Spule bleibt mehr Zeit. (Schließwinkel).
Die Punkte 2 und 3 widersprechen sich also schonmal was den Unterbrecherabstand betrifft weshalb man einen Kompromiss (0,3 - 0,4mm ) eingehen muss.
Stufe 1
Kontaktgesteuerte Transitorzündung:
Hauptursache für die Nachteile ist dass ein mechanischer Schalter einen großen Strom schalten muss.
Ersetzen wir den mechanischen Schalter durch einen elektronischen Schalter (Transistor) haben wir die größten Probleme der originalen Zündung eigendlich schon beseitig, denn ein Transistor schaltet den Strom schlagartig ab. Ohne Lichtbogen und ohne Verzögerung.
Leider kann man nicht einfach an Stelle des Unterbrechers einen Transistor einbauen.
Der Transistor versteht nur elektrische Signale. Mit dem Nocken der den Unterbrecherkontakt öffnet und schließt kann der Transistor nichts anfangen.
Ist aber nicht weiter schlimm, denn der Transistor benötigt nur einen kleinen Steuerstrom um den großen Strom der Spule blitzschnell schalten zu können.
Diesen kleinen Steuerstrom kann der Unterbrecherkontakt problemlos schalten ohne Schäden durch Abbrand davonzutragen.
Also verwenden wir jetzt den Unterbrecherkontakt um den Transistor zu steuern.
Der Unterbrecherkontakt kann jetzt auch problemlos auf 0,3mm (oder sogar weniger) eingestellt werden um der Zündspule bei hohen Drehzahlen genügend Zeit zum Aufbau des Magnetfeldes zu geben.
Positiv:
1. Der Funke ist in allen Drehzahlbereichen kräftiger weil der Transistor extrem schnell schaltet.
Die Probleme bei niedrigen und hohen Drehzahlen sind beseitigt.
Das bedeutet einen stärkeren Zündfunken der gerade für den Start wichtig ist. Auch bei hohen Drehzahlen kann durch den geringeren Unterbrecherabstand der Zündfunke verbessert werden.
2. Der Unbrecherkontakt verbrennt nicht mehr und hält fast ewig.
Fast, denn der Unterbrecher wird ja noch mechanisch betätigt und verschleißt am Nocken mit dem er gesteuert wird. Allerdings sehr wenig und man braucht nur sehr sehr selten etwas nachstellen. Ich würde vorsichtshalber alle 10000km kontrollieren, dann kann auch gleich der Nocken etwas geschmiert werden.
Die Anlage ist damit sehr wartungsarm.
Negativ:
Es kommt ein Bauteil (die Steuerelektronik mit dem Transistor) dazu und ein weiteres Bauteil ist eine potentielle Fehlerquelle.
Das ist der einzige Punkt den die Verfechter der originalen Zündung ins Feld führen können und den ich jetzt mal zerlege:
Die Elektronik wird nur zusätzlich zwischen Unterbrecherkontakt und Zündspule eingebaut und lässt sich im Fehlerfall völlig problemlos durch Umstecken von ein paar Steckverbinungen ohne Werkzeug wieder entfernen. Damit wird der originale Zustand (Kontaktzündung) wieder hergestellt und man kann weiterfahren.
Zumindest bei unseren XS ist sowas problemlos machbar.
Mittlerweile sind die elektronischen Bauteile aber extrem zuverlässig, da gibt es eher mechanische Probleme als defekte Elektronik. Das war vor 40 Jahren möglicherweise noch anders, heute lässt sich sowas aber absolut zuverlässig und auch preiswert aufbauen.
Stufe 2
Elektronisch gesteuerte Transistorzündung:
Hier wird jetzt auch noch der mechanische Unterbrecher der den Transistor steuert durch ein elektronisches Bauteil ersetzt.
Die Aufgabe des Unterbrechers wird von einer Spule, Lichtschranke oder einem Hallgeber übernommen.
Positiv:
Damit entfällt auch noch der (geringe) Verschleiß vom Unterbrecherkontakt, die Anlage ist jetzt wartungfrei.
Ausserdem kann der Schließwinkel, der vorher durch den notwendigen Unterbrecherabstand begrenzt wurde bei Bedarf nochmal vergrößert werden.
Probleme (flattern) der Unterbrecher bei extrem hohen Drehzahlen entfallen ebenfalls.
Negativ:
Der Fliehkraftregler zur Zündzeitpunktverstellung wird weiterhin benötig.
Relativ hoher Aufwand da entsprechende Halter angefertigt werden müssen und auch der Fliehkraftregler muss ggf. etwas umgebaut werden.
In Defektfall kann nicht problemlos wieder auf Kontaktzündung umgestellt werden.
Stufe 3
Elektronisch gesteuerte Transistorzündung mit elektronischer Zündzeitpunktverstellung:
Die Steuerung erfolgt durch Spulen, Lichtschranken oder Hallgeber.
Die Änderung des Zündzeitpunktes wird durch die Elektronik geregelt.
Da gibt unterschiedliche Möglichkeiten:
a. Zündverstellkurve unveränderbar durch elektronische Bauteile festgelegt.
b. Microprozessorgesteuerte Zündverstellkurve, nur durch den Hersteller veränderbar.
c. Microprozessorgesteuerte Zündverstellkurve, durch den Anweder veränderbar.
Positiv:
Jetzt entfällt auch noch das letzte mechanisch anfällige Bauteil der Zündanlage, der Fliehkraftregler.
Die Verstellkurve kann gegenüber einem einfachen Fliehkraftregler verbessert werden.
Je nach Ausführung kann sogar durch den Anwender eine Zündkurve programmiert werden.
Negativ:
Auch hier müssen neben der Elektronik noch Halter, Rotoren usw. speziell für die XS angefertigt werden.
Je nach Ausführung muss dem Anwender auch noch Software zur Progammierung zur Verfügung gestellt werden.
Das bedeutet hohen Aufwand und hohe Kosten.
So, jetzt zur Praxis.
Erstmal eine kleine Übersicht was es so gibt:
Kontaktgesteuerte Transistorzündung:
1. Gigavolt (nur noch Gebraucht)
2. stone (55 Euro)
3. Helotronik (ca. 70 Euro, 2 Stück erforderlich)
Elektronisch gesteuert mit Fliehkraftregler:
1. stone (55 Euro + 20 Euro für die Hallgeber)
2. Helotronik (ca. 70 Euro, + 40 Euro Geberlichtschranke, je 2 Stück erforderlich)
Elektronisch gesteuert mit elektronischer ZZP-Verstellung:
1. Yamaha original (gebraucht im Ausland verfügbar)
2. Elektronik-Sachse ZDG 3.2 (320 Euro, einbaufertig mit Geber usw.)
3. Ignitech (ca. 140 Euro, nur Steuermodul + Software)
Details zu den Zündungen:
Gigavolt
Die Zündbox von Anton (Gigavolt) ist eine kontaktgesteuerte Transistorzündung und funXSioniert sehr gut. Wenn der Motor gestoppt wird werden die Zündspulen automatisch abgeschaltet. Diese Funktion verhindert dass die Zündspulen bei eingeschalteter Zündung und geschlossenem Unterbrecherkontakt gegrillt werden. Was ja bei der originalen Kontaktzündung möglich ist.
Diese Box wird von vielen Leuten im Forum verwendet. Probleme oder Defekte sind nicht bekannt.
Der Einbau ist sehr einfach, es sind keine Änderungen am Kabelbaum der XS notwendig. Im (theoretischen) Fehlerfall kann sehr einfach auf originale Kontaktzündung zurück gegebaut werden. Dazu müssen nur ein paar Steckverbinder umgesteckt werden was auch Nachts auf der Landstraße problemlos möglich ist.
Leider wird die Zündbox derzeit nicht mehr hergestellt wird aber als gelegendlich als Gebrauchtteil angeboten. Anton hat die Bauanleitung incl. Schaltplan und Layout für die FAQ auf xs400.net zur Verfügung gestellt.
stone (das bin ich selbst...)
Diese Zündbox ist eine Abwandlung der Gigavolt-Zündung. Es wird das selbe Gehäuse verwendet, die Schaltung arbeitet aber mit einer internen Spannungsstabilisierung und ist damit unabhängig von Bordnetzschwankungen. Zusätzlich werden bessere Endstufentransistoren eingesetzt die speziell für diesen Zweck entwickelt wurden. Der Spannungsabfall am Enstufentransistor ist deutlich geringer weshalb die Spule einen kräftigeren Funken produziert.
Einbau und Rückbau wie bei der Gigavolt-Zündung.
Eine Variante mit für Hallgeber angepasstem Eingang steht auch zur Verfügung. Damit lässt sich eine wartungsfrei Anlage aufbauen. Allerdings müssen Halter für die Hallgeber vom Anwender selbst angefertigt werden und auch der Fliehkraftregler muss umgebaut werden.
Die Box wird nicht in Serie produziert sondern ist als Selbstbauprojekt gedacht. Eine Bauanleitung für beide Varianten werde ich demnächst für in der FAQ auf xs400.net zur Verfügung stellen.
Die Bauanleitung enthält ein Platinenlayout für eine Lochstreifenplatine die überall erhältlich ist. Damit kann jeder der über etwas Erfahrung im Umgang mit dem Lötkolben hat die Box problemlos nachbauen.
Helotronik
Eine kommerziell vertriebene Transistorzündung die mit Unterbrecherkontakt oder optional erhältlicher Gabellichtschranke gesteuert wird. Auch hier wird der mechanische Fliehkraftregler beibehalten. Ob die Schaltung eine Schutzfunktion für die Spulen enthält ist mir nicht bekannt.
Es werden jedoch 2 Module benötigt. Für jeden Kontakt ein eigenes Modul.
Einbau und Rückbau wie bei der Gigavolt-Zündung.
Wer die optionalen Gabellichtschranken verwendet um eine wartungsfreie Anlage aufzubauen muss Halter und Fliehkraftregler selbst ändern. Vorgefertigte Teile für die XS sind nicht lieferbar.
Yamaha
Yamaha hat z.B. In England und den USA für die Modelle ab ca. 1980 eine elektronische Zündung eingesetzt. Für Deutschland wurde leider weiterhin die kontaktgesteuerte Zündung eingebaut.
Die Zündung kann natürlich auch in die deutschen Modelle eingebaut werden. Dazu können die Teile (Zündmodul, Pickupspulen und Rotor) aber z.B. in den USA über eBay als Gebrauchtteil gekauft werden. Für die Verdrahtung kann ein entsprechender Schaltplan der US Modelle herrangezogen werden.
Die Anlage lässt sich (abgesehen von der Verdrahtung) problemlos einbauen.
Elektronik-Sachse ZDG 3.2
Microprozessorgesteuerte Zündung.
Kann nicht vom Anwender selbst programmiert werden. Wünsche hinsichtlich der Zündkurve und Drehzahlbegrenzung können bei der Lieferung aber berücksichtigt werden.
Der Einbau ist sehr einfach, es werden alle notwendigen Teile (Pickups, Rotor, Halter usw.) mitgeliefert.
Ignitech
Microprozessorgesteuerte Zündbox.
Die Box kann vom Hersteller für alle Pickuparten (Spulen, Hallgeber, Lichtschranken usw.) geliefert werden. Die Zündkurve kann vom Anwender programmiert werden. Die Programmierung durch eine vom Hersteller zur Verfügung gestellte Software ist sehr einfach.
Da Pickups für die XS selbst angefertigt werden müssen ist der Einbau aufwendig.
Fazit
Wer in der Lage ist sich die Transistorzündung selbst zu bauen ist mit der stone-Zündung gut bedient. Die Zündbox ist sehr preiswert, funXSioniert zuverlässig und kann mit etwas mehr Aufwand sogar mit Hallgebern angesteuert werden.
Wer die Mühe scheut oder nicht die Möglichkeiten besitzt eine Zündbox selbst aufzubauen kann zur Helotronik greifen.
Wenn es nicht auf ein paar Euro ankommt ist aber die Elektronik-Sachse Zündung die beste Wahl.
Die Ignitech ist eher was für den Rennsport oder getunte Motoren die eine andere Zündkurve benötigen. Richtig sinnvoll ist die Ignitech wenn ein Prüfstand zur Verfügung steht auf dem sich die optimale Zündkurve erarbeiten lässt.